Eine Methodik im Wandel
Es ist paradox: Gerade dort, wo die menschliche Kreativität gefragt ist, tritt nun Künstliche Intelligenz (KI) als Mitgestalterin auf. Ist das ein Widerspruch? Oder ist es vielmehr eine Chance, Design Thinking in ein neues Zeitalter zu führen? Die Herausforderung besteht darin, zwei vermeintlich unvereinbare Welten zu verbinden: das iterative, menschenzentrierte Denken mit der datengetriebenen Logik von KI-Tools. Doch genau in dieser Spannung liegt das Innovationspotenzial.
Vom Menschen lernen, mit Maschinen denken
Design Thinking war stets eine Disziplin des offenen Fragens, des Suchens nach neuen Perspektiven. Was passiert nun, wenn wir eine KI in diesen Prozess einbinden? Erste Erfahrungen in der Praxis mit meinen Kunden zeigen: KI kann dabei helfen, Probleme schneller zu definieren, Persona-Profile zu verfeinern oder kreative Impulse für Ideen zu liefern. Doch was bedeutet es, wenn eine Maschine uns eine Problemstellung liefert, an der wir dann als Menschen weiterarbeiten? Wer führt den Innovationsprozess – und wie vermeiden wir, dass die Technik zum Selbstzweck wird?
Das Spannungsfeld: Effizienz vs. Tiefe
Ein Team von Design Thinkern hat im Rahmen der Innovation Akademie am Vienna Airport
Conference & Innovation Center die klassischen Phasen des Prozesses mit KI angereichert: Problemdefinition, Zielgruppenanalyse, Ideenentwicklung, Prototyping und Testen. Die ersten Erkenntnisse sind vielversprechend. KI kann Muster erkennen, die für uns unsichtbar bleiben. Sie kann die Effizienz steigern, Vorlagen liefern, uns alternative Denkwege aufzeigen. Doch das allein reicht nicht. Der Mehrwert entsteht erst in der Kombination: Menschliche Intuition bleibt unersetzlich. Die KI stellt Hypothesen auf – aber wir sind es, die sie bewerten und mit Sinn aufladen.
Innovation im Dialog mit der Maschine
Die nächste Herausforderung ist weniger technischer, sondern vielmehr methodischer Natur. Wie strukturieren wir den Dialog zwischen KI und menschlichem Denken so, dass er tatsächlich produktiv wird? Eine Möglichkeit: eine klare Rollenverteilung. In Workshops zeigte sich, dass es hilfreich ist, eine Person mit der KI-Interaktion zu beauftragen, während die anderen Teilnehmenden im kreativen Austausch bleiben. Sonst droht der Workshop in eine individuelle Tipparbeit abzugleiten, in der jeder still auf seinen Bildschirm starrt.
Design Thinking als Meta-Methode
Spannend ist, dass KI den Design-Thinking-Prozess nicht ersetzt, sondern ihn transformiert. KI ist kein „Besserwisser“, sondern ein Resonanzraum, in dem neue Ideen entstehen können. Vielleicht wird Design Thinking durch KI sogar zu einer Meta-Methode: Es geht nicht mehr nur darum, ein Problem kreativ zu lösen, sondern auch darum, die Art und Weise zu reflektieren, wie wir mit Maschinen zusammenarbeiten.
Die entscheidende Frage
Wenn KI zum festen Bestandteil von Innovationsprozessen wird, stellt sich eine entscheidende Frage: Wo bleibt der Mensch? Hier liegt die eigentliche Herausforderung. Die Technologie ist ein Werkzeug, aber die Verantwortung für Entscheidungen bleibt bei uns. Der KI-Diskurs muss weitergeführt werden, nicht als bloße Faszination über neue Möglichkeiten, sondern als ernsthafte Reflexion über unsere Rolle in der Gestaltung der Zukunft.